Region (red). Es ist kurz vor 23 Uhr. Eigentlich muss ich - Rene Wenzel - vor dem Frühdienst schon längst schlafen. Doch eine Spendenaktion fesselt mich so sehr, dass ich kein Auge zu bekomme: „Helft Noah bei seinem Herzenswunsch“. Der Junge ist erst elf Jahre alt. Eine schwere Krebskrankheit (Nut Karzinom) stellte sein Leben im Juli 2017 komplett auf den Kopf. Viele Operationen, Besuche in Spezialkliniken und verschiedenste Medikamente zeigten keine Wirkung. Die Ärzte wissen nicht mehr weiter, ans Aufgeben denkt aber niemand. Auch ich nicht.

Noah Acha liebt Fußball. Sein Papa Chris stammt aus Nigeria. Auf dem ersten Foto, das ich im Internet von dem Jungen sehe, trägt er das Trikot der Fußballschule von Hannover 96. Mein erster Gedanke: 96-Profi Noah Sarenren Bazee muss von dieser tragischen Geschichte erfahren. Der Name, die Herkunft und die Liebe zum Sport – es verbindet sie einfach. Ich kontaktiere noch am Abend einen seiner besten Kumpels Besir Ay. Der Profi-Boxer aus Hannover spricht gleich am nächsten Tag mit Sarenren Bazee.

Am Telefon erklärt mir Ay, dass der 96-Profi am liebsten sofort helfen möchte. „Als ich mir zum ersten Mal den Text durchgelesen habe, war ich total schockiert. Die ganze Sache ging mir gleich ganz nah. Wir haben denselben Ursprung und allein die Story ist schlimm genug. Er spielt auch Fußball und erinnert mich an mich in meiner Kindheit“, sagt Sarenren Bazee.

Doch ganz so schnell kommt es nicht zu einem Treffen. Noah Achas Gesundheitszustand verändert sich täglich. Mal geht es ihm den Umständen entsprechend gut, mal wirkt er total kaputt und müde. Es muss erst mit der Familie gesprochen werden. Über Marcel Dempewolf, Noahs Trainer beim HSC BW Tündern, stelle ich den Kontakt her. Dempewolf hat zusammen mit Noahs Ex-Trainer Victor Sundermann die Spendenaktion ins Leben gerufen.

Mit dem gesammelten Geld will man nicht nur weitere Heilverfahren und Therapien finanzieren. Der große Wunsch des krebskranken Kindes ist eine Reise nach Nigeria. Noah möchte unbedingt noch einmal seine Großeltern, Tanten, Onkels und Cousins besuchen. „Wir hoffen, dass wir viele Menschen erreichen“, sagt Dempewolf. Und auch 96-Profi Sarenren Bazee will dabei unterstützen.

Mit seinem Berater Nadir Kama vereinbare ich in Absprache mit der Familie einen Termin. Nur ein paar Tage später machen wir uns auf den Weg ins 70 Kilometer entfernte Bodenwerder im Landkreis Holzminden. Es ist Noahs ganz besonderer Tag, an dem sich auch seine Kumpels und die Familie auf den Besuch des 96-Profis freuen. 

Der 11-Jährige trägt eine Wintermütze. Seine Haare sind nach der Chemotherapie komplett ausgefallen. Ein kräftiger Handshake unter Fußballern darf aber nicht fehlen. Die beiden Noahs lächeln, sie verstehen sich auf Anhieb gut. „Ich bin sogar mal in Hannover im Stadion eingelaufen. Aber leider nicht mit 96“, sagt der 11-Jährige. Es brachte aber trotzdem Glück: Sarenren Bazee erzielte einen Treffer und gab zwei Vorlagen. 96 gewann mit 3:2 gegen den 1. FC Heidenheim.

Die Beiden unterhalten sich fast nur über Fußball. Ein FIFA-Duell auf der Playstation darf natürlich nicht fehlen. 3:3 steht es nach 90 Minuten im Spielzimmer. „Komm, wir einigen uns auf ein Unentschieden“, schlägt der kleine Noah vor. Gesagt, getan. „Wenn ich ihn ansehe, dann ist er wie ein kleiner Bruder. Noah ist lebensfroh, munter und spielt Klavier. Und der Fußball verbindet uns“, sagt Sarenren Bazee, der seinem neuen Kumpel noch ein paar Tipps auf der Konsole gibt. Nach fast zwei Stunden heißt es dann vorerst Abschied nehmen. Als Geschenk darf Noah ein Trikot mit Unterschrift und zudem viele Autogrammkarte behalten. Es soll nicht der letzte Besuch von Sarenren Bazee in Bodenwerder gewesen sein. Die Nummern werden ausgetauscht, weitere Aktionen besprochen. „Ich werde mit der Familie und dem Jungen in Kontakt bleiben. Ich werde alles versuchen, um zu helfen. In erster Linie geht es um den Jungen, seine Gesundheit steht über allem. Wir haben uns gut verstanden und ich habe eine Verbindung gespürt. So soll es auch in Zukunft bleiben. Die Familie weiß, dass ich für sie da bin.“ Sein Berater Kama verspricht, dass sie „alles erdenklich Mögliche in Bewegung setzen“ wollen, um den Jungen zu helfen.

Besonders über den Besuch des 96-Profis freute sich Noahs Mama Inna: „Er ist ein wunderbarer Mensch. Mein Sohn spricht von nichts anderen mehr und hat so viel positive Energie gewonnen. Wir sind einfach überwältigt von all den lieben Menschen und der großen Anteilnahme.“

Keiner will den Kampf gegen den Krebs so einfach aufgeben. Auch wenn die Ärzte die Behandlungen gestoppt haben und scheinbar nicht mehr weiter wissen, glauben alle an eine positive Zukunft. Noah, du bist niemals allein!

Fotos: Rene Wenzel